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Vortrag von Mag. R. Fessler: „Auf der Flucht. Migration und Exil im Spiegel der deutschsprachigen Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts.“
22. Februar 2018 @ 20:00 - 21:30
€5 – €7Auf Einladung der Kulturgemeinde sprach Roswitha Feßler am 22. Februar in der Stadtbücherei über den Niederschlag der großen Fluchtbewegungen der letzten 150 Jahre in der Literatur bis heute.
Am Anfang rückte Frau Feßler, die bis 2013 als Professorin an der HTL Dornbirn Deutsch, Geschichte und Politische Bildung sowie Ethik unterrichtete, einige wenige Fakten und Zahlen ins Bewußtsein. Sie zeigte, daß die Menschen aus den immer gleichen Gründen geflüchtet waren: Armut, politische oder religiöse Verfolgung und Krieg. Und schon immer waren es dann viele Hunderttausende: Hugenotten flüchten im 17. Jhd. in protestantische Länder, Pfälzer zu Anfang des 18. Jhd. nach England, Italiener und Griechen im 19. Jhd. nach USA, Schweizer nach Brasilien, politisch und rassistisch Verfolgte der Nazis durch halb Europa, nach 1945 ehemals Deutsche aus den Ostgebieten nach Westen und heute Unzählige nach Europa.
Und mit den gleichen haltlosen Versprechungen der heutigen Schlepper wurden im 19.Jhd. z.B. durch „Auswanderungsvereine“ und in der Zeitschrift „Der Colonist“ Armutsflüchtlinge nach Brasilien in neues Elend gelockt – statt kostenlosem Ackerland, Arbeit, einem Haus für jeden und Reichtum für alle gab es Wüste, Ausbeutung, Recht- und Staatenlosigkeit (E. Hasler: Ibicaba).
Die Literaturauszüge verdeutlichten auch das immer gleiche Leid der Flucht (A. Seghers) und im Exil (u.a. Bert Brecht, Veza Canetti): Verlust der Familie, der Heimat, der Sprache, und für die Verfolgten und Vertriebenen zusätzlich der Verlust von Status und Vermögen, aber auch die Herablassung und aktive Ausgrenzung wie gegenüber den Vertriebenen aus dem Osten nach 1945 (z.B. A. Reinhard). Mit Zitaten aus der Literatur der „Gastarbeiter“ und der heutigen Mirgationsautoren (S. Scheinhardt, R. Schami u.a.) endete der Vortrag.
Die gut 30 Zuhörer, die sich trotz der Kälte abends noch einmal auf den Weg gemacht hatten, wurden reich belohnt, auch wenn am Ende des Vortrags die Betroffenheit der Besucher mit Händen zu greifen war. Doch die brillante Rhetorik, die immer poetische, unaufgeregte Sprache, mit der R. Feßler die bedrückenden Fakten und Literaturbeispiele präsentierte, ermöglichten ein offenes Zuhören. In kleinen Gesprächsgruppen beim Umtrunk tauschten sich die Zuhörer dann noch lange über die zitierten Texte und ihre eigenen Leseerfahrungen aus.
Ingrid Sobez
Eigene Ankündigung des Vortrags von Frau Roswitha Feßler:
An ausgewählten Beispielen, die bis in die Gegenwart reichen, wird die literarische Verarbeitung des Themas „Migration und Exil“ aufgezeigt und in einen historischen Zusammenhang gestellt.
- Nach einem exemplarischen Blick auf Migrationsbewegungen in der Geschichte wird am Beispiel von Evelin Haslers Roman „Ibicaba – Das Paradies in den Köpfen“ die Armutswanderung in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Brasilien dargestellt.
- Die Exilliteratur jener Autorinnen und Autoren, die als Gegner des Nationalsozialismus politischer und rassistischer Verfolgung ausgesetzt waren, bildet einen weiteren Schwerpunkt. Anhand von Auszügen aus unterschiedlichen Werken werden Probleme wie Verlust der Heimat und der Muttersprache aufgezeigt.
- Die Flucht und Vertreibung von 12 – 14 Millionen Deutschen und deutschsprachigen Bewohnern am Ende des 2. Weltkriegs und ihr Niederschlag in der Literatur der DDR und der BRD ist ebenfalls Thema des Vortrags.
- Auch die Migration der sogenannten „Gastarbeiter“ spiegelt sich in der Dichtung wider, da sich unter den Einwanderern auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller befinden, die auf Deutsch schreiben und mit ihren Werken die Literaturszene bereichern.
- Die aktuelle Flüchtlingsproblematik wird vor allem im Hinblick auf die Frage nach der Aufgabe der Literatur behandelt, die Erkenntnisse für die Situation von flüchtenden Menschen und Migranten vermitteln kann.
Die Ankündigung in der SZ finden Sie hier – vom 17.2.2018
Den Bericht in der SZ finden Sie hier – vom 8.3.2018